Beschreibung
„Stellen Sie sich Medusa vor, die im falben Widerschein des Bronzeschilds ihr grauenhaftes, verzauberndes Haupt sieht.“
Paul d’Aspremont folgt seiner schönen Verlobten Alicia Ward nach Neapel, wohin sie ihrer angeschlagenen Gesundheit wegen gereist ist. Er freut sich auf das Wiedersehen, doch das geflügelte Wort „Vedi Napoli e poi mori“ – „Neapel sehen und sterben“ wird für ihn zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Die abergläubischen Neapolitaner sagen dem jungen Franzosen den bösen Blick nach. Muß er sich von seiner Liebe lossagen, um Alicia zu schützen?
In dieser phantastischen Novelle ergründet Théophile Gautier unsere innersten Ängste und erzählt, wie selbst im Zeitalter der Vernunft Leidenschaft über Logik zu siegen vermag.
„Schon manch ein Besucher Neapels, der sich über die Jettatura lustig machte, hat sich vorsichtshalber mit Hörnern gewappnet… Ist der Verstand auch noch so aufgeklärt, irgendwo findet sich immer ein dunkler Winkel, in dem die grauenhaften Schimären der Leichtgläubigkeit kauern und die Fledermäuse des Aberglaubens sich festklammern. Schon das Alltagsleben steckt so voller unlösbarer Probleme, daß das Unmögliche wahrscheinlich wird. Man kann alles glauben oder leugnen: Je nach Blickwinkel ist der Traum ebenso wirklich wie die Wirklichkeit.“
Pressestimmen
»Es gibt Sätze, die man immer wieder lesen möchte, weil sie jubeln und taumeln und keine Scheu haben vor dem hohen Ton, der sich dennoch vom Pathos fernhält. Das ist keine nüchterne, gefühlsflache Prosa, sondern hier schreibt einer gebildet, elegant, opulent. Das ist eine aufregende Lektüre und ein ästhetischer Genuss.«
Gabriele von Arnim, NDR
»Jettatura, der Titel dieser 150 Jahre alten ›phantastischen‹ Novelle, ist italienisch und bedeutet soviel wie der böse Blick. Der Held der Novelle von Théophile Gautier ist der französische Adlige Paul d’Aspremont, durch dessen Blicke Menschen zu Tode kommen. Die Kernfrage, die Gautier hier stellt, heißt: Welche Macht hat die Aufklärung und welche Macht hat der Mythos?«
Peter Urban-Halle, Büchermarkt, Deutschlandfunk
»Das Auge spielt in vielfacher Hinsicht die Hauptrolle in diesem erzählerischen Bijou aus dem 19. Jahrhundert, welches zu lesen sich schon deshalb lohnt, um wieder einmal zu erfahren, wie gekonnt, elegant, virtuos und genussvoll die Inszenierung einer Geschichte betrieben werden kann.«
Barbara Villiger Heilig, Neue Zürcher Zeitung
»Gautier war ein Meister der sprachlichen Haute Couture; kein Wunder, dass ihn Flaubert ebenso bewunderte wie Baudelaire.«
Alain Claude Sulzer, Basler Zeitung
»Und so feiert Gautiers flirrendes kleines Kunstwerk, das jetzt in gediegener neuer Übersetzung bei Dörlemann erschienen ist, das große Fest der autonomen Augen.«
Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung